Es gereicht mir zur besonderen Freude, daß ich an dieser Stelle über eine Frage der reinen theoretischen Physik sprechen darf, ja sogar über ihre erkenntnistheoretische Bedeutung. Ich erblicke darin ein Interesse für die reine Physik, das ich lebhaft begrüße und ich freue mich darüber, daß auch die technischen Kreise, die sich die Aufgabe gestellt haben, die Anwendungen der Physik zu bearbeiten, sich mit Fragen beschäftigen, bei denen vorläufig jede Anwendungsmöglichkeit ausgeschlossen ist. Während wir Physiker die Ergebnisse der Technik hoch schätzen und wohl wissen, wie sehr unsere Arbeit durch technische Leistungen erleichtert und zum Teil erst ermöglicht wird, freuen wir uns natürlich, wenn auch die Techniker zu der Überzeugung kommen, daß die physikalische Wissenschaft nur fortschreiten kann, wenn sie sich als reine Wissenschaft ohne Rücksicht auf die möglichen Anwendungen entwickelt, die sich dann immer von selbst einstellen. Die physikalische Einsicht hat aber auch stets einen besonderen Erkenntniswert, der den menschlichen Geist befriedigt und ihn in ähnlicher Weise wie die Kunst über den Alltag hinaushebt.
Die Freude heute über Relativitätstheorie zu Ihnen zu sprechen, wird nur etwas durch die Überzeugung beeinträchtigt, daß diese Lehre in wesentlichen Teilen sich der gemeinverständlichen Darlegung entzieht. Ich muß sogar behaupten, daß von Physikern selbst nur ein kleiner Teil die Relativitätstheorie so weit kennt um sich ein selbständiges Urteil über sie bilden zu können. Bei dieser Lage kann ich mir auch nichts ersprießliches von den vielen Vorträgen und Aufsätzen versprechen, welche das Ziel verfolgen wissenschaftlich ungeschulte in die Relativitätstheorie einführen zu wollen.
Wenn ich daher der Überzeugung bin, daß die Besprechung der Relativitätstheorie in Volksversammlungen zu nichts anderem als zu einer Verwirrung der Geister führt, so darf ich nun meinerseits nicht dasselbe tun, was ich hier als unzulässig zu bezeichnen mich verpflichtet fühle. Ich muß mich von vornherein beschränken und mir nicht die Aufgabe stellen Ihnen wirklich die Relativitätstheorie auseinanderzusetzen. Ich möchte mir nur vornehmen Ihnen in möglichst einfacher Weise darzustellen, wie man zur Relativitätstheorie gelangt ist, welche Ziele sie verfolgt, was sie leistet und welcher Erkenntniswert ihr zuzuschreiben ist.
Die Relativitätstheorie ist, wie alle physikalischen Theorien, ein Ergebnis der Erfahrung. Wenn auch dem unbefangenen Beobachter die Einführung einer absoluten Bewegung, ohne Beziehung auf andere Körper, fernlag, so hat doch schon die Newtonsche Mechanik von einem absoluten Raum, gegen den die Bewegung eines materiellen Körpers möglich sei, Gebrauch gemacht. Es ist dies eine Folge der Anwendung der analytischen Geometrie, bei der die Ortsbestimmungen durch die Abstände von einem im Raume festen Koordinatensystem festgesetzt werden. Die Festlegung der Linien des Koordinatensystems ist im absolut leeren Raum unmöglich und hat daher einen im Raume befindlichen Körper zur Voraussetzung, auf den alle übrigen Körper bezogen werden. So hatte sich schon früh die Erkenntnis durchgesetzt, daß trotz der Einführung der absoluten Bewegung in der Mechanik nur relative Bewegungen beobachtbar seien. Aber anders lag die Frage für das Licht, seitdem die Wellenlehre das Vorhandensein eines Trägers der Lichtwellen, des Äthers, gefordert hatte.